Jahresbericht Swiss Surgical Teams 2023

Die Mitglieder der Swiss Surgical Teams (SST) engagieren sich langfristig in der medizinischen Entwicklungshilfe. Die SST setzen sich aus erfahrenen Ärztinnen und Ärzten verschiedener operativer Disziplinen, Anästhesistinnen und Anästhesisten, Operationspersonal sowie weiteren Spezialisten aus dem Spitalumfeld zusammen, darunter Medizintechniker und Informatiker. Aktuell führen sie unentgeltlich Einsätze in öffentlichen Kliniken in Tansania, im Südpazifik und in Tadschikistan durch. Dort beurteilen sie Patientinnen und Patienten, halten Sprechstunden ab und operieren gemeinsam mit lokalen Kolleginnen und Kollegen. Sie geben ihr Fachwissen praktisch und theoretisch an Ärzte und Pflegepersonal weiter.

Die SST-Mitglieder bringen bei ihren Einsätzen medizinisches Material wie chirurgische Instrumente, Verbrauchsmaterial und andere medizinische Hilfsgüter in die Partnerspitäler mit. Dabei versuchen sie, die Verwendung von Einwegmaterial zu minimieren, da die Abfallentsorgung an vielen Einsatzorten problematisch ist. Die Bereitschaft der Mitglieder zur mehrjährigen Mitarbeit ist für die SST-Leitung entscheidend. Sowohl die Geschäftsleitung als auch das Präsidium arbeiten ehrenamtlich. Zudem bestehen keine Interessenbindungen bei anderen Organisationen oder NGOs, ausser zur Stiftung Swiss Surgical Teams. Drei Vereinsmitglieder sind gleichzeitig Mitglieder des Stiftungsrates. In Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Gesellschaft für Chirurgie bieten die SST jungen Ärzten aus der Schweiz und verschiedenen Fachdisziplinen die Möglichkeit, medizinische und kulturelle Erfahrungen in Entwicklungs- und Schwellenländern zu sammeln.

Die 1998 gegründeten "Swiss Surgical Teams" begannen als Gruppe von Chirurgen und Anästhesisten, die sich zunächst ausschliesslich in der Mongolei engagierten. Durch langjähriges Engagement konnten sie das Niveau der medizinischen Versorgung dort nachhaltig verbessern. Im Laufe der Jahre hat sich der Verein kontinuierlich vergrössert, um das gesamte Spektrum der perioperativen Behandlung abzudecken. Der Fokus liegt weiterhin auf dem Transfer von Fachwissen.

Besuchen Sie für weitere Informationen, einschliesslich der Jahresrechnung und des Revisionsberichts, unsere Homepage unter www.swiss-surgical-teams.org.

Im Vergleich zu den turbulenten Jahren 2020-2022, die von den schwerwiegenden Auswirkungen der Covid-Pandemie und dem Ukraine-Krieg gezeichnet waren, präsentierte sich das Jahr 2023 als ein Zeitraum der Versöhnung und des Erfolgs für unsere Einsatzaktivitäten. Alle geplanten Einsätze der verschiedenen Projekte konnten reibungslos und vor allem erfolgreich durchgeführt werden.

Inmitten der globalen Unsicherheiten und Herausforderungen erwies sich jedes einzelne (Teil-)Projekt als bemerkenswert widerstandsfähig. Dieses positive Ergebnis stärkte das Vertrauen in die Wirksamkeit unserer langfristigen medizinischen Entwicklungshilfe. Die partnerschaftliche Herangehensweise ermöglichte nicht nur die reibungslose Durchführung der einzelnen Projekte, sondern förderte auch einen nachhaltigen Wissensaustausch und stärkte die lokale medizinische Infrastruktur.

Ausblick auf das Jahr 2024:

  • Die überarbeitete und auch für mobile Endgeräte optimierte Homepage wird anfangs 2024 live geschaltet. Zudem wird eine verbesserte und benutzerfreundlichere Spendenoption über gängige Bezahlmethoden verfügbar sein
  • Alle laufenden Projekte werden im Jahr 2024 fortgesetzt
  • Ein neues Teilprojekt -"Hausärzte für Tadschikistan"-wird im Rahmen der Integration des Vereins in die SST eingeführt
  • Im Herbst 2023 begleitete uns ein Filmemacher während des Einsatzes in Tadschikistan. Dieser wird auch im kommenden Frühlingseinsatz in Tadschikistan unsere Arbeit vor Ort dokumentieren, um einen filmischen Einblick in unsere Missionen zu gewähren.
  • Da die Swiss Surgical Teams (SST) mittlerweile eine breite Palette verschiedener Berufsgruppen repräsentieren und nicht mehr ausschliesslich aus technischem Operationspersonal, Anästhesisten und Chirurgen bestehen, wird die Umbenennung des Vereins in Swiss Medical Teams (SMT) in Erwägung gezogen. Diese Entscheidung wird während der Mitgliederversammlung im Jahr 2024 zur Abstimmung gestellt werden.

Mit diesen Entwicklungen streben wir an, nicht nur unsere bestehenden Projekte zu stärken, sondern auch neue Wege der medizinischen Hilfe zu erschliessen und die Sichtbarkeit unserer Arbeit durch filmische Dokumentation zu erhöhen.

Projekte 2023: Erfreulicherweise konnten im Verlauf des Jahres 2023 alle geplanten Einsätze in Tadschikistan, Tansania und im Pazifik wie geplant durchgeführt werden. Diese erfolgreiche Umsetzung ist auch ein Zeugnis für die fruchtbare Zusammenarbeit mit den lokalen Partnern.

Projekt Tajikistan (Jürg Bärtschi und Edward Wight): Durch unseren Einsatz im Herbst 2022, der nach einer zweijährigen Unterbrechung aufgrund der Corona-Pandemie wieder stattfand, konnten wir nicht nur eine Fortsetzung unserer Arbeit ermöglichen, sondern auch die Bande zwischen den lokalen Partnern und dem Swiss Surgical Teams (SST) stärken. Diese Wiederaufnahme unserer Mission bildete die Grundlage für zwei erfolgreiche Einsätze im Frühling und Herbst 2023. In jedem Teilprojekt konnten wir nahezu nahtlos an bereits Erreichtes anknüpfen und Erweiterungen erzielen. 

Die Lagerung des für die halbjährlichen Missionen benötigten SST-Materials (circa 20 Kisten mit einem Volumen von etwa 5m3) ist bis zum Ende des aktuellen Vertrags mit dem Gesundheitsministerium im Jahr 2025 gesichert. Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass auch Material im Ismaili Zentrum in Dushanbe gelagert ist, dieses aber nur von Tadschiken (und nicht mehr durch SST-Mitglieder) betreten werden darf. Die Suche nach einer alternativen Lagerstätte gestaltet sich als anspruchsvoll, da ein sicherer Ort benötigt wird, um das Material zwischen den Einsätzen angemessen aufbewahren zu können. Parallel dazu wird nach Lösungen für künftige Materialtransporte aus der Schweiz gesucht, da auch dieses Material zwischenzeitlich gelagert werden muss. 

Die Herausforderungen betreffen ebenso die Hotelunterkunft in Dushanbe, die während der letzten Einsätze auf Probleme gestossen ist. Insbesondere während des Herbst-Einsatzes gab es erhebliche Schwierigkeiten, darunter überhitzte Zimmer, nicht funktionierende Klimaanlagen und dysfunktionale, stetig piepsende Rauchmelder. Für zukünftige Missionen wurden bereits Alternativen gesucht. 

Der Frühlingseinsatz präsentierte sich als äusserst erfolgreich, wobei in allen Teilprojekten Fortschritte beobachtet und weitere erzielt wurden. Die Teams vor Ort zeichneten sich durch ihre engagierte Arbeit aus. Die abschliessende Sitzung im Gesundheitsministerium war sehr produktiv, da wir nicht nur das Erreichte analysieren konnten, sondern auch neue Ziele und Verbesserungsinitiativen für die Zukunft festlegten. Dies stärkt nicht nur unsere laufenden Bemühungen, sondern gibt auch einen vielversprechenden Ausblick auf kommende Einsätze in Tadschikistan und die fortlaufende Zusammenarbeit mit den lokalen Partnern.

Auch während des Herbsteinsatzes wurden sämtliche Teilprojekte wie geplant und erfolgreich durchgeführt. Trotz kurzfristiger Absagen von zwei Neurochirurgen aus dem SST-Team wurden die temporären Herausforderungen erfolgreich gemeistert, und das vor Ort tätige neurochirurgische Team konnte die Situation erfolgreich bewältigen. Besonders erfreulich waren die bedeutenden Fortschritte im Bereich des Schmerztherapieprojekts. Das im Herbst 2023 gestartete Filmprojekt in Dushanbe verfolgt nicht nur werbliche Ziele, sondern dient auch der Mittelbeschaffung, indem es einen authentischen Einblick in unsere Arbeit gewährt. Die Filmdokumentation wird im 

Frühling 2024 fortgesetzt, um unsere Arbeit weiterhin zu dokumentieren. Beim abschliessenden Treffen mit dem tadschikischen Gesundheitsministerium wurden zusätzliche Verbesserungsvorschläge für alle Teilprojekte erörtert, und es wurde gemeinsam nach effektiven Lösungen gesucht.

Projekt Südpazifik (Martin Walliser): Im Spätherbst 2023 konnte nach einer durch Covid bedingten Unterbrechung endlich wieder ein Einsatz im Südpazifik stattfinden. Dabei verfolgten wir zwei Hauptziele: die Visitation der beiden PIOA (Pacific Islands Orthopaedic Association) Trainees Juvencio Diaz und Jûlio Martins sowie die Evaluierung zukünftiger Einsätze in Osttimor.

Osttimor, ein kleiner Inselstaat in Südostasien, erlangte 2002 nach 24 Jahren Unabhängigkeitskampf seine Souveränität. Das Hospital Nacional Guido Valarades in der Hauptstadt Dili ist das grösste Spital des Landes mit 320 Betten und einem Einzugsgebiet von 1.2 Millionen Menschen. Bei unserem Einsatz waren wir beeindruckt von der Spitalinfrastruktur, bemerkten jedoch, dass das Knowhow in der Unfallchirurgie noch in den Anfängen steckt.

Unsere Arbeitstage begannen früh mit der täglichen Visite auf der Station und der Festlegung von Behandlungsplänen. Wir versuchten, traditionelle Methoden wie Traktionsbehandlungen wieder einzuführen und ordneten das mitgebrachte Fixateur Externe Material. Unsere Einsätze im Operationssaal und in der Sprechstunde waren intensiv geplant und jeder Patient wurde ausführlich besprochen. Wir führten zahlreiche primäre Frakturversorgungen durch, vor allem an der unteren Extremität. Etwa die Hälfte der Eingriffe waren Revisionen nach Implantatversagen oder Infektionen.

Die Möglichkeit weiterer Besuche wurde ausführlich diskutiert. Unsere Trainees benötigen mehr Unterstützung in diesem anspruchsvollen Umfeld, und es bedarf klarer Strukturen und Verbindlichkeiten seitens unserer Trainees. Ein Massnahmenkatalog wurde erarbeitet, und bei Erfüllung dieser Bedingungen sind weitere Einsätze in Osttimor im kommenden Jahr sinnvoll und vorstellbar.

Projekt Tansania (André Kind): In Tansania sind Gebärmutterhalskrebs und Geburtskomplikationen die Hauptursachen für Todesfälle bei Frauen mittleren Alters. Während geburtshilfliche Fortbildungen in Tabora stattfinden, liegt der Fokus in Ifakara auf der Gebärmutterhalskrebsvorsorge.

Ifakara: Im Mai organisierten wir zum vierten Mal einen Kurs für Kolposkopie und Gebärmutterhalskrebsscreening in Ifakara mit 23 Teilnehmern aus ganz Tansania. Neben theoretischer Ausbildung im St. Francis Referral Hospital beinhaltete der Kurs praktische Übungen. In den letzten drei Tagen fuhren wir in Dörfer für das "Outreach-Programm", um vor Ort Screening und Therapie anzubieten. Der Kurs ist von den tansanischen Gesundheitsbehörden akkreditiert und besonders interessant für Fachärzte. Die Teilnehmer lernten auch das HPV-Testscreening. Die Ergebnisse wurden vor Ort getestet, und gefährdete Frauen erhielten sofortige Behandlung oder ein angepasstes Screeningintervall.

Die Kombination von Fortbildung, direkter Behandlung vor Ort und Feedback führte zu optimaler Versorgung. Der Enthusiasmus des tansanischen Trainer-Teams unter Dr. Sr. Nathalia Makunia, Chefärztin Gynäkologie und Geburtshilfe des SFRH, übertrug sich auf die Teilnehmer. 

Diese Unterstützungsform birgt Potenzial, um die Zahl an Frauen mit Gebärmutterhalskrebs in Tansania zu senken. Mit vielen neuen Erfahrungen und Ideen hoffen wir, nächstes Jahr unsere Arbeit fortsetzen zu können.

Tabora: Seit 2015 engagieren sich die SST aktiv im Kitete Regional Referral Hospital in Tabora. In den letzten Jahren hat sich der Schwerpunkt der Unterstützung auf die Aus- und Fortbildung verlagert, insbesondere durch geburtshilfliche Simulationskurse. Diese Kurse sollen langfristig dazu beitragen, die hohe Rate an Geburtskomplikationen und die damit verbundene Kinder- und Müttersterblichkeit zu reduzieren.

Im Mai begab sich zum zwölften Mal eine Gruppe von Ärztinnen, Hebammen und Medizintechnikern in das Kitete Spital, um geburtshilfliche Simulationstrainings durchzuführen. Lokale Trainer, darunter Hebammen und Ärztinnen des Kitete Spitals sowie Dr. Sr. Natalia Makunja, Chefärztin des Saint Francis Referral Hospital in Ifakara, Tansania, verstärkten das schweizerische Team. Insgesamt wurden zwei viertägige Simulationskurse mit 55 Teilnehmenden aus etwa 28 verschiedenen Gesundheitseinrichtungen durchgeführt. Die Schulungsinhalte umfassten Themen wie prä- und postpartale Blutungen, Präeklampsie, Sepsis, Schulterdystokie, schwierige Kindsentwicklung beim Kaiserschnitt und Vacuumextraktion. Die Teilnehmenden zeigten grosses Interesse und Engagement. 

Ein besonderer Fokus lag auf der Ausbildung erfahrener tansanischer Hebammen, die zukünftig eigenständig Simulationstrainings durchführen sollen (train the trainer). Das Kitete Spital erhielt dazu zwei Simulationstrainingsmodelle, finanziert vom Universitätsspital Basel, um einfachere Simulationskurse auch ohne direkte Unterstützung zu ermöglichen.

Die beiden erfahrenen Medizintechniker arbeiteten intensiv mit dem dortigen Team zusammen, reparierten medizinische Geräte und vermittelten neues Wissen.

Dank an alle! Eure Unterstützung und Hingabe sind unbezahlbar: Trotz der beinahe drei Jahre anhaltenden Pandemie und den seit 2022 fortwährenden kriegerischen Ereignissen in der Ukraine konnten wir in diesem Jahr an Bestehendes anknüpfen, unsere Beziehungen vertiefen, Neues in Angriff nehmen und erfolgreiche Einsätze durchführen.

Angesichts der positiven Entwicklungen im Jahr 2023 blicken wir mit Optimismus in die Zukunft, fest davon überzeugt, dass unsere gemeinsamen Anstrengungen dazu beitragen werden, die medizinische Versorgung in den von uns unterstützten Regionen nachhaltig zu verbessern.

 

Olten, Dezember 2023

Georg Liesch, Präsident Swiss Surgical Teams